
Herbstfahrt 2020 – Teil 5
5. & 6. Station: Zum Kreiterhof und den drei Ähren
In Murg hatten wir uns entschieden, Frankreich anzusteuern, genauer gesagt den Elsass. Wir wollen uns dort nicht lange aufhalten, maximal zwei Nächte, aber auf jeden Fall einen Supermarkt anlaufen und unsere so heiß geliebten französischen Vorräte aufüllen. Also fahren wir weiter in westlicher Richtung, jedoch heute noch nicht über die Grenze, und landen auf dem Kreiterhof bei Kandern. Die Beschreibung hörte sich sehr gut an, Stellplatz mit Entsorgung für 7 € auf einem Weingut mit Strausswirtschaft.
Doch was uns auf dem Kreiterhof erwartet, haben wir so wirklich nicht erwartet. Nach einer gut 2 km langen abenteuerlichen, weil eng und Gegenverkehr kaum einsehbar, Zufahrt erreichen wir einen Hof, der von alten rostigen Sammlerstücken nur so überquillt. Hier lagern nicht nur alte Traktoren, Feldarbeitsgeräte, Mopeds, Rasenmäher, Tausende Stücke aller erdenklichen Werkzeuge, Gerätschaften, ja sogar Kleidungsstücke und Sportgeräte bis hin zu einem alten Fahrgastschiff findet sich hier. Ich hätte meine alten Holzskier vor 40 Jahren nicht wegschmeißen sollen, hier wären die glatt noch als neu durchgegangen!
Das kann nicht einer alleine gesammelt haben, dafür braucht man mehrere Leben. Aber es hat auch irgendwie Stil, man fühlt sich sogar auch noch wohl zwischen all den Sammlerstücken. Nur ein System scheint es nicht zu geben, außer vielleicht: Sammle alles, was du bekommen kannst und stell es irgendwo dazu, dann lass es da verrotten.

Für die Wohnmobile wurde ein eigener kleiner Platz hergerichtet, mit einer improvisierten aber funktionellen Ver-/Entsorgungsstelle in der Mitte, und als wir ankommen, sind wir zunächst alleine. Aber wir haben uns noch nicht richtig platziert, schon sind wir auch schon zu dritt. Bis zum Abend verdoppelt sich diese Zahl noch einmal. Jeder stellt sich so wie er meint, dass es am Besten passt und fast jeder hat sogar Satellitenempfang. In der Straußenwirtschaft gibt es viele urige Außensitzplätze an Holztischen und gesammelten Stühlen der unterschiedlichsten Art, mit und ohne Polster. Drinnen sitzt man in zwei großen Gasträumen, doch wir bleiben draußen, alleine, und seltsamerweise sind die Innenräume ziemlich voll.
Was bietet der Gasthof? Eine übersichtliche Speisekarte wie man es von der Straussenwirtschaft erwartet. Zwiebelkuchen, Wurstsalat, Würstchen, Kartoffelsuppe mit oder ohne Wurst. Die ist echt lecker, meine Empfehlung. Und der Wein? War doch als Weingut beschrieben! Badischer Wein. Weiß, Rot, Rosé. Der Weiße hat sogar einen Namen: Edelgut. Gibt’s alles auch zum Mitnehmen in der Literflasche zu 3,50 € oder 5€. Edelgut ist ein trockener Tafelwein, ein sehr trockener. Nein, noch ein wenig trockener. Der Spätburgunder Rote ist süffig, richtig lecker, wie auch der Rosé. Zudem bietet der Hof verschiedene Obstbrände und Liköre…
Es gibt viele Walnussbäume in der Umgebung, und so wächst langsam unser Vorrat, mit dessen Anlage wir übrigens nicht erst in Murg begonnen haben. Bereits in Stetten am Bodensee riefen uns die viele Walnüsse ihre Hilfeschreie vom Boden entgegen: „Hilfe, rettet uns! Sonst werden wir hier überfahren!“ Und in der Tat, viele sehen wir immer wieder auf dem Boden liegen, zu Brei zerquetscht. Daher haben wir uns, besonders Susanne dieser Rettungsaktion verschrieben, und auch hier am Kreiterhof ist diese Akion wieder sehr erfolgreich. Am Ende wiegen wir zu Hause ganze acht Kilo, alle bereits unterwegs im Doppelboden vorgetrocknet.
Eine Besonderheit vom Kreiterhof ist noch erwähnenswert. Spaziergwege. Sie führen hier in alle Richtungen und laufen teilweise auf unterschiedlichen Höhen parallel durch die Weinberge. Auch wir wählen einen Weg durch die Weinreben. Laufen noch ein Stückchen weiter, und noch eins, eigentlich wollten wir schon längst umkehren (die Hilfeschreie), und dann entdecken wir noch 100 Meter weiter eine Holzbank. Die scheint ziemlich neu aufgestellt zu sein, riecht noch nach frisch geschlagenem Holz, und als wir uns darauf niederlassen, sind wir ganz beeindruckt. Wir erkennen sofort, dass man gerade aus links in die Schweizer Berge schaut, nach rechts in die französischen Vogesen und vor einem liegt das deutsche Gebiet zwischen Lörrach und Basel. Das Wetter lässt jetzt am Abend sogar zu, dass man eindeutig den Grand Ballon (deutsch der Große Belschem) in den Vogesen erkennt. Später lesen wir auf einer Karte, dass der Ort Dreiländerblick genannt wird. Bei schönem Wetter also unbedingt hierher laufen, sind ca. 15 Gehminuten.

Genau so schnell, wie am Abend vorher die sechs Mobile eingetroffen sind, verschwinden sie auch am Morgen wieder. Eines jedoch bleibt. Eine junge Familie mit zwei Kleinkindern findet es hier so gemütlich, dass sie noch bleiben wollen. Jetzt laufen sie erst einmal zum Dreiländerblick.
Jetzt führt der Weg nach Frankreich, endlich! Bei Colmar treffen wir in Wintzenheim auf einen Leclerc Supermarkt. Kurz entschlossen geht es auf den Parkplatz, die Mund-/Nasenschutzmasken angezogen und nichts wie hinein. Allgemein sind wir von der Disziplin und den Corona-Vorsorgemaßnahmen mehr als beeindruckt. Jeder trägt gewisenhaft sein Maske korrekt, An allen Eingängen finden sich jede Menge Desinfektionsmittel und große Rollen Putztücher. So kann man nicht nur die Hände, sondern auch den Einkaufswagen desinfizieren. Genügend Abstand ist alleine schon durch die großen und breiten Gänge zwischen den Regalen gegeben. Das ist aber ja in französischen Märkten fast überall üblich. Und schon seit vielen Jahren freuen wir uns darüber, dass für alle Verkäufer hinter den Theken Handschuhe eine Selbstverständlichkeit sind. Auch Müll wird hier sehr effektiv getrennt. Verschiedene Batteriensorten, Dosen, Karton, Elektrogeräte, Kugelschreiber und Neonstifte, Plastikflaschen, ja sogar Kartuschen und Wasserfilter, alles ordentlich getrennt. Chapeau!

Der Einkauf lohnt sich, wir müssen sogar zwei mal hinein. Und morgen wollen wir hier sogar noch einmal vorbeikommen. Die Nacht verbringen wir in Trois Épis, zu deutsch ‚drei Ähren‘. Das ist ein kleiner Kurort, liegt auf einer Höhe von 650 Meter westlich von Colmar und südlich Kayserberg. Der Aufenthalt ist hier kostenlos, es gibt sogar eine Entsorgungsstation und öffentliche Toiletten. Von hier aus gehen viele Waldwege aus, die zum Wandern einladen, ideal also für den Hundespaziergang, wenn da nicht…
Ja wenn da nicht nach ein paar Metern im Wald ein leicht mulmiges Gefühl aufkäme. Der Boden sieht an vielen Stellen stark aufgewühlt aus, wir vermuten Wildschweine. Am nächsten morgen sogar frische Spuren bis dicht an den Parkplatz heran. Das sind nicht einfach ein paar kleine Spuren, nein, ein angrenzender Sportplatz sieht aus wie frisch durchgepflügt, komplett! Respekt zeigen wir und halten den Spaziergang kurz, danach wollten wir ohnehin weiter.
Spiritueller Garten Wildschwine Stellplatz an der Boulebahn
Da es uns heuer in Kayserberg nicht so richig gefallen will, entscheiden wir uns kurzerhand für die Rückahrt nach Deutschland. Wir wollen den Urlaub hier unten im Breisgau mit Nähe zum Schwarzwald nicht nur wegen des angenehmen Wetters bis zum Schluss auskosten und erst Sonntag weiter Richtung Norden fahren.
[…] Teil 5 […]