Spätsommer in Bayern: VI Familienfeier
Die siebte Woche

Das Familientreffen war von Beginn an in unserem Reiseplan, die Hinfahrt über sechs Wochen durch Bayern hat halt etwas länger gedauert als normal.
Nach dem Treffen wollen wir noch kurz an die Ahr, jedoch nicht gleich am Feiertagswochenende. Danach haben wir keine weiteren Pläne, dann geht es irgendwie wieder heim, wo uns mittlerweile nicht nur eine leere Autobatterie, sondern auch noch ein ziemlich leerer Teich erwartet.
Königswinter
Freitag
Das Treffen findet in der Johannes-Albers-Allee statt. Der uns versprochene Parkplatz ist leider ungeeignet, im vorderen Teil zu eng, der hintere Teil wegen tief hängender Äste für uns aber nicht ohne Verlust erreichbar. Zu Glück bekommen wir aber direkt vor dem AZK eine Parkparzelle und der Parkstreifen ist hier breit genug, sogar für unser Dösiämm.


Wir sind bereits 12 Uhr mittags da, der Großteil der Familie trudelt dann im Laufe des Nachmittags ein. Viel großes Hallo und Wiedersehensfreude! Man trifft sich zum gemeinsamen Abendessen, anschließend zum gemütlichen Beisammensein in einem uns zur Verfügung stehenden großen Seminarraum. Gegen Mitternacht sind dann weitestgehend alle auf ihren Zimmern verschwunden.
Samstag
Heute findet nach dem Frühstück die groß angekündigte Wanderung auf den Drachenfels statt. Zweieinhalb Kilometer am Rhein entlang zur Talstation der Zahnradbahn. Dort steht die alte Dampflok zur Ansicht, die 1958 in den schweren Absturz der Bahn verwickelt war, und an dieser Bahn gibt es einen kleinen Vortrag über meinen Schwiegeropa (kann man das so sagen?), also Susannes Großvater und seine Beziehung zum Unfall der Bahn 1958. Er nahm damals die vorletzte Abfahrt, auf der letzten geschah das Unglück. Aber über diesen Großvater werden wir heute noch sehr viel mehr erfahren.




Die meisten nehmen heute die Bahn, wenige, darunter wir, laufen. Unterhalb der Mittelstation treffen alle zusammen und besichtigen die Nibelungenhalle. Ich bleibe mit Charly draußen, denn zu dieser Besichtigung gehört auch der Besuch des Reptilienzoos mit Schlangen und Krokodilen.
Dann weiter zum Drachenfels, wo heute die Hölle los ist. Eine große Menschenansammlung, jeder mit irgendetwas Essbaren in der Hand, teilweise an den Tischen, die meisten aber auf den großen Treppen mit Sicht auf das Rheintal. Die Hölle, ich sagte es bereits, insbesondere für Charly, der jedem sein Brötchen, Keks oder Würstchen aus der Hand reißen will, und damit auch für uns.



Hinterm Haus dann ein weiterer Vortrag über den Urahn Josef Kutz, unter dessem Motto offenbar das diesjährige Treffen zu stehen scheint. Zum Glück ist auf der großen Restaurant-Terasse hinterm Haus deutlich weniger los.



Hier soll also der Urahn jahrelang jeden Sonntag bei Kaffee und Kuchen gesessen haben. Er war schon bald beim Personal so bekannt, dass man ihn regelmäßig erwartete und ein Blümchen auf seinen Stammtisch gestellt hatte. Später, nach seinem Tod, hat man diesen Tisch noch ein ganzes Jahr lang jeden Sonntag für ihn gedeckt und freigehalten. Auch das Blümchen wurde nie vergessen.

Aber wer war denn dieser Urahn Josef Kutz, Susannes Großvater eigentlich? Dazu später mehr.
In Königswinter ist an diesem Wochenende Winzerfest, was zusätzlich zu hohem Menschenaufkommen führt. Das Durchkommen am Marktplatz wird für uns und Charly dadurch auch nicht leichter, vorbei an Reibekuchen, Würstchen, Suppen und süßem Kuchen. Trotzdem, wir sind vom Marsch rauf und runter ziemlich platt, haben erneut noch zweieinhalb Kilometer vor uns und machen daher eine kleine Pause bei einem Glas Gelbem (halbtrockener Königswinterer Weißwein).

Nach dem Abendessen erfahren wir dann sehr viel mehr über Josef Kutz, wobei uns viele Dokumente und Fotos aus der alten Zeit über einen Beamer präsentiert werden. Er wurde als Sohn von Gregor und Hortense in Brüssel gebohren. Gregor war für einige Jahre von Köln nach Belgien gegangen und ist später wieder nach Köln zurückgekehrt. Wir sehen einige Bilder aus Kindertagen und von Josef als Soldat im ersten Weltkrieg. Es beginnt ein engagiertes Rätselraten „Wer von den fünfen könnte es wohl sein?“

Josef wurde Buchhalter und begann seine berufliche Laufbahn bei Stollwerk, jenem traditionsreichen und weltbekannten Schokoladenfabikanten, der in der Kölner Südstadt seine Fabikhallen hatte. Dort wurden seine organisatorischen, planerischen Fähigkeiten so geschätzt, dass er immer mehr Verantwortung bekam, bis, ja bis er als Generaldirektor an leitender Stelle des Unternehmens stand.

Er wurde von der Belegschaft sehr verehrt, man hat ihm zum 50ten Dienstjubiläum ein Bild gemalt und auf der Rückseite des Rahmens ein Gedicht gewidmet, das auch die wöchentlichen Besuche des Drachenfelsens zum Inhalt hat. Auch das Bundesverdienstkreuz am Bande hat er erhalten, und das dürfen wir heute Abend alle bestaunen und einmal anfassen.
Der heutige Abend dauert dann noch etwas länger als der gestrige, wir geben allerdings um 0 Uhr 30 auf. Vorher werden aber noch der nächste Austragungsort und das Datum beschlossen. Ich darf moderieren, und möchte hier abkürzen: Trotz viel zu vieler Vorschläge hab ich’s kurz gemacht, alle waren zufrieden.
Unkel
Sonntag
Gemeinsames Frückstück, danach dann mehrstündige Verabschiedung. Wir fahren dann nach Unkel. Auf der Fahrt nach Königswinter hatten wir uns den Platz dort kurz angeschaut und für gut befunden. Das Wochenende mit Brücken- und Feiertag ist nicht ganz ohne Probleme, und deshalb fahren wir auch nicht gleich an die Ahr, die ja noch auf dem Planprogramm steht.
Das Gelände ist, es war nicht anders zu erwarten, bereits am Mittag sehr voll, wir bekommen aber noch einen Platz für die Nacht ganz am Rand mit Wiese daneben, sodass auch Charly draußen bleiben kann. Am Abend dann ein Spaziergang am Rhein entlang und zu einem Hunde-Spielplatz. Das muss für heute reichen.

Montag
Einige Womos fahren heute weiter und wir können uns einen Platz weiter hinten aussuchen. Wir kommen mit einem netten Mobilisten aus Bad Höningen ins Gespräch. Er ist häufiger hier und meist auch länger. Wir erhalten alle möglichen Infos über den Platz, Unkel, das Hallenbad,… Wir stehen jetzt so schön, dass wir überlegen, nicht gleich morgen weiterzufahren. Wir werden sehen.
10 Gehminuten vom Platz entfernt gibt es ein großes Einkaufszentrum mit Einkaufspassage, Supermarkt, Bäcker, Baumarkt, Tiermarkt, Camping- und Gartenmöbel, Tankstelle, Schuh- und Schlüsseldienst und vielem mehr. Wir bekommen hier auch einen zusätzlichen Schlüssel, den man uns in Vohenstrauß nicht herstellen konnte.
Dienstag



Tag der Deutschen Einheit. Das Wetter nicht mehr so gut, der Himmel bedeckt, später wird es Regen geben. Wir wandern etwas den Weinberg hinauf zu einer Aussichtsplattform. Von oben haben wir dann den Blick über Unkel mit dem Stellplatz und nach Süden bis Remagen.


Wir bleiben noch bis morgen und warten den Regen ab. Der kommt auch pünktlich um ein Uhr mittags, also gleich nach dem Frühstück. Der Stellplatz hat sich ein wenig geleert, aber richtig Platz ist nicht wirklich entstanden. Es kommen gleich wieder neue Mobile an.
Mittwoch
Rech
Wir sind bereits ganz gespannt auf das Ahrtal. Vor ziemlich genau 10 Monaten waren wir in der Adventszeit dort und hatten den Weihnachtsmarkt in Rech besucht. Die Navigatoren wollen uns über Bonn und Meckenheim schicken, wir fahren aber zurück über Neuwied, Andernach und Sinzig. Dann an der Ahr entlang, den Weg durch Bad Neuenahr kennt Garmin immer noch nicht, er will uns wieder auf die Schnellstraße schicken, die hier aber nach wie vor gesperrt ist.
Vor Rech werden wir gewarnt, dass die Straße nur bis Mayschoss befahrbar ist, dahinter ist sie dann nach Altenahr gesperrt. In Rech gibt es wechselseitige Verkehrführung mit Ampel. Das gibt es an der Ahr zur Zeit vielfach. Die Straße am „Stellplatz“ ist aber durchgängig neu asphaltiert. Als wir gegen 16 Uhr ankommen verlassen gerade noch zwei LKW den Bauplatz am Ende der Stellplatzstraße.


Es ist idyllisch und sehr ruhig und wir wundern uns, warum denn von den 23 Stellflächen nur drei belegt sind. Wir gehen in den Ort und suchen eine Gaststätte. Fast alle haben während der Woche geschlossen, nur das Weingut Alfons Hostert hat heute geöffnet. Wir sitzen auf der Sonnenterrasse mit herrlichem Blick ins Ahrtal. Es gibt leckeren Saumagen mit Kraut und Kartoffelsalat. Und leckeren Wein. Wir nehmen sogar ein paar Flaschen mit nach Hause.
Donnerstag
Die Nacht ist ebenfalls ruhig, so ungefähr bis halb sechs. Dann kommen bereits die ersten LKW. Zwischen sechs und sieben Uhr geht’s dann richtig los. Die Straße vor den Stellflächen ist derzeit die einzige Zufahrt zu besagtem Bauplatz. Dort werden die LKW mit Erde beladen und die bringen sie zu den aktuellen Baustellen. Eine halbe Stunde Pause, dann sind sie wieder da.



Wir machen uns auf den Fußweg nach Mayschoß, immer an der Landstraße entlang. Vieles erinnert noch an die Flutkatastrophe, überall noch zerstörte Häuser, auch wenn vieles bereits in Arbeit oder sogar erneuert ist.
In Mayschoss gibt es einen Bäcker, der auch Gemüse verkauft und einen Metzger. Der hat seinen Laden in einem großen Marktwagen. Wir schauen uns den Stellplatz an, der fasst bestimmt an die 50 Fahrzeuge und ist nicht einmal halb gefüllt. Baustellen gibt es auch, aber es sieht so aus, dass man dort ruhiger stehen kann. Wir entscheiden uns, einen weiteren Tag zu bleiben, aber auch zum Umzug.
Mayschoß
Freitag
Am Nachmittag fahre ich alleine mit dem Rad bis Altenahr und noch einen Ort weiter. Die Durchfahrt hinter Mayschoß ist zwar gesperrt, aber mit dem Rad kommt man durch. Auch hier merkt man schnell, dass der Erholungsprozeß und der Wiederaufbau eigentlich gerade erst begonnen hat. Aber die Menschen, die wir treffen, sind erstaunschlich gut gelaunt, freundlich zuvorkommened. Überall wird man nett empfangen. Das Ahrtal freut sich über Besucher, nicht nur die provisorisch eingerichteten Stellplätze sind ein Beleg dafür. Vielleicht kann man demnächst auch noch eine Möglichkeit zur Entsorgung schaffen.
Nach einem Besuch der Weingenossenschaft Mayschoß wird daheim gekocht. Eine holländiche Wagenburg hinter uns feiert noch bis Mitternacht, dann ist Ruhe.


Wir haben gut geschlafen und gut, auch hier gab es am frühen Morgen Fahrgeräusche. Oberhalb wird an der Bahnstrecke gearbeitet und offenbar werden die Bagger nachts weg- und morgens wieder hingefahren. Außerdem fahren die Winzer mit ihren Traktoren bis tief in die Nacht und am frühen Morgen zur Lese.




Heute füllt sich der Platz im Laufe des Tages komplett. Auch auf dem „alten“ Stellplatz-Weg am Ufer der Ahr wird es heute noch voll. Erstaunlich, aber morgen beginnt ja hier auch das Weinfest. Weinfest gibts in Mayschoß an jedem Wochenende im Oktober, also vier oder fünf mal.
Wir laufen mittags hoch zur Burgruine Saffenburg. Die liegt auf einem Schieferfelsen, und man fragt sich, was schneller bröckelt, der Felsen oder die Ruine. Das Wetter heute ist gut, den ganzen Tag können wir Sonne ernten und am Nachmittag fahren wir noch einmal mit dem Rad bis hinter Altenahr, sogar noch etwas weiter als gestern bis hinter Kreuzberg.


Das Landschaftsbild hier hat sich sehr stark verändert. Ich erkenne kaum etwas wieder. Wir waren lange nicht mehr hier, in der Zwischenzeit wurde vieles neu gebaut und hat die Flut so vieles zerstört und einfach platt gemacht. Auch den alten Campingplatz hinter Altenahr, den ich zusammen mit Stefan einmal mit den Motorrädern besucht hatte, wurde weggefegt, und ich kann kaum sagen, ob er hier stand oder doch ganz woanders.


Abends sitzen wir noch lange mit unseren Nachbarn Silvia und Peter zusammen. Die beiden hatten auf meinen Aufruf in der Laika-Gruppe geantwortet „Wir sind auch auf dem Weg nach Mayschoß“ und hatten sich mit ihrem 7012er „blue Edition“ gleich neben uns stellen können.
Samstag

Unsere Spätsommerreise endet heute, es geht wieder nach Hause. 48 Nächte auf 22 Stationen gab es, das meiste in Bayern, zum Schluss wieder in NRW nahe der alten Heimat. Morgen wählen Bayern und Hessen, und das sehen wir uns von zu Hause aus an.
Wir haben viel erlebt, neue Orte in der Oberpfalz, in Oberfranken und Niederbayern besucht, viele nette Menschen kennengelernt, interessante Gespräche geführt, die Eltern in Bad Griesbach getroffen, wir sind gepaddelt auf dem Chiemsee, auf den Alpspitz und den Drachenfels gewandert und haben die Familie getroffen.
Daheim wartet jetzt ein Auto mit leerer Batterie, ein leerer Teich und hochstehender Rasen auf uns. Wir freuen uns auf daheim, und mein Bericht endet hier. Bei allen, die es gelesen und verfolgt haben, bedanke ich mich hier für das Interesse, bis zum nächsten Bericht, Bericht…

Hier unsere gesamte Route über 2058 km in sieben Wochen.
- Teil I: 543 km (rot)
- Teil II: 158 km (blau)
- Teil III: 116 km (grün)
- Teil IV: 331 (gelb)
- Teil V: 587 km (hellblau)
- Teil VI: 322 km (magenta)
Wer jetzt diese Zahlen addiert kommt auf 2057 km. Das ist die Differenr zwischen Garmin-Aufzeichnung und abgelesenen Tacho-Daten.
