
Flucht aus dem Winter – Teil 1
Anreise zur spanischen Grenze
Eigentlich gibt es gar keinen konkreten Plan, keine lang ersehnte oder vorbereitete Reise. Eher ein „wir müssen unbedingt ‘mal wieder weg“ oder „im Winter ist es hier zu kalt und die Berichte der Spanienreisenden sind zu verlockend“, dazu der Regen der letzten Wochen lassen uns jetzt losziehen. Da kein konkreter Plan vorlag, ziehen sich die Vorbereitungen ein wenig hin, und aus einem „in zwei Tagen sind wir weg“ werden dann doch locker zehn.
Abfahrt Freitag, 5. Januar – Renchen
Freitagmittag, es ist der 5. Januar, geht es dann mit etwas Verspätung los, da eine wichtige Salbe erst wiedergefunden werden wollte. Hat sich einfach zwischen Süßigkeiten versteckt, die Lümmelsalbe. Eine Kältewelle droht zum Wochenende und so wollen wir schnell möglich weit in südliche Richtung kommen. Aufgrund der Jahreszeit planen wir auch, Frankreich durch das Rhônetal zu durchfahren und nicht durch das Zentralmassiv wie beim letzten Mal in Richtung Spanien.

Ach ja, ich hatte noch gar nicht unser Ziel erwähnt: Spanien. Da wir schnell vorankommen wollen, meiden wir auch die Route Köln – Luxemburg und fahren über Marburg und Frankfurt ins südliche Rheintal. Wir schaffen es nach Renchen / Ulm im Ortenaukreis. HaCo hatte den Platz auf seiner Fahrt nach Spanien vor ca. 7 Wochen ebenfalls besucht und gelobt. Das ortsansässige Brauhaus hat sogar geöffnet, und so kann die Reise zünftig starten.
Das Brauhaus ist eine absolute Empfehlung, man braut hier das Bier auch wirklich noch selbst. Als wir aber wieder zurück zum Stellplatz gehen, kommen uns Leute in Kostümen und Tanzkleidung entgegen. Der gesamte Parkplatz ist außer den abgegrenzten Parzellen mit zig Autos beparkt, und es werden sogar noch immer mehr.


Das passt jetzt gar nicht zu dem so ruhigen Plätzchen, aber es soll die Nacht ziemlich ruhig bleiben. In Baden-Württemberg ist Faschingsbeginn in dieser Nacht, das hatten wir nicht geahnt, und uns wird plötzlich bewusst, dass wir zu Karneval ziemlich weit weg vom Rheinland sein werden. Ein Nebeneffekt, den wir so nicht bedacht hatten, uns aber mittlerweile schnurz ist, denn so viel konnten wir dem heute üblichen Karneval schon länger nicht mehr abgewinnen. Die Sitzungen mit sehenswerten Künstlern werden wir natürlich auch von weiter weg verfolgen.
Samstag, 6. Januar – Bourg-en-Bresse
Bei der Weiterfahrt kommen wir zunächst nach Oberkirch und sind verblüfft, wie nah wir diesem schon mehrfach besuchten Stellpatz waren. Dann noch ein letztes Tanken vor Frankreich und wieder zurück auf die A5 Richtung Mülhausen. Kurz vor dem Autobahnkreuz fällt mir dann noch ein, dass wir vergessen haben, die ‚Angles Mort‘ Schilder anzubringen, aber es gibt 500 Meter vor dem Abzweig noch einen Parkplatz und schnell ist das Missgeschick korrigiert. Eines der Schilder löst sich allerdings unterwegs und Susanne kann es wagemutig aus dem Fenster heraus noch retten, bei 2 Grad und Sprühregen.
Wir bleiben auch in Frankreich auf der Autobahn und fahren über Belfort, Besancon und Dole. Unser heutiges Ziel: Bourg-en-Bresse. Innerhalb der Stadt gibt es einen Stellplatz für WoMos, kurz vorher laufen wir noch einen LeClerc an für ein paar notwendige Lebensmittel. Ein Supermarkt-Erlebnis, wie man es in Deutschland noch nie gesehen hat! Bevor man den eigentlichen Markt betreten kann geht es durch viele kleinere Geschäfte, Restaurants, sogar ein großes Karussell steht mitten im Gang.


Im Markt dann ist es voll, brechend voll, ist ja auch immerhin Samstagabend. Aber man kommt überall hin, überall dran und auch an den Kassen keine Wartezeit. Die Dimensionen der Gänge und Regalen sind eben ganz andere als von daheim gewohnt. Allein ein Bereich wie der für Backwaren oder der für Milchwaren oder nur für Gemüse sind allein jeweils größer als der gesamte Rewe-Markt in Salzkotten. In der Nachweihnachtszeit werden auf mehreren Inseln noch viele große Hochglanz-Schokoladenpakete in goldenen und königsblau glitzernden Farben reduziert angeboten, viele von Lindt, hab‘ ich so in Deutschland auch noch nicht gesehen. Der Stellplatz liegt etwas abseits der Straße, ist sehr einfach, und man steht in mehreren Reihen hintereinander. Die Entsorgungsstelle ist gerade im Umbau und nur bedingt nutzbar, aber wir haben hier eine sehr ruhige Nacht vor uns, und am Sonntagmorgen gibt es auch keinen Verkehr.

Sonntag – Montag, 7. – 8. Januar – Chusclan
Von hier aus fahren wir weiter in Richtung Lyon und schauen uns den noch von HaCo besuchten Vogelpark an. Vor Lyon gehen wir auf die östliche Umgehung der großen Stadt und bleiben danach weiter auf der Autobahn bis Montelimar. Da wir aber hier nicht auf den beschriebenen Stellplatz kommen, fahren wir weiter in Richtung Orange und landen etwas weiter westlich in Chusclan. Ein großer beliebter Stellplatz an einer Winzer-Cooperative.

Schon auf der Fahrt hierher hatten wir unterwegs starken Wind, und der bleibt uns hier auch erst einmal erhalten. Ein Abendspaziergang zeigt uns Chusclan als einen kleinen Ort mit viel Charme, kleinen Gassen und einer hübschen Kirche: davor steht noch ein kleiner Weihnachtsmarkt mit Schaubuden in Kinderaugenhöhe. Den Ort erreicht man über eine kleine Brücke, und auch die ist mit Lichterketten noch weihnachtlich geschmückt. In der Nacht bleibt der der starke Wind, der Wagen wackelt, und die Temperaturen erreichen nicht ganz den Gefrierpunkt.



Montag, wir erkunden die Kooperative und machen eine kleine Weinverkostung. Hier gibt es den Côte du Rhône in allen Farben: Weiß, rot, rosé, aus Chusclan und aus dem Nachbarort Laudun. Entgegen Susannes Vorsätzen (nicht so viel Wein aus Frankreich, ich möchte mehr Spanischen Wein), decken wir uns mit allen Farben ein, vorwiegend jedoch in sachets (Kanister), dazu nur wenige Flaschen.



Dienstag – Mittwoch, 9. – 10. Januar – Gruissan
Am nächsten Tag soll es früh weitergehen, das Ziel ist Gruissan, wenn uns nicht vorher noch ein schöner Platz begegnet. Beim Zusammenräumen stelle ich fest, dass mir ein paar Schuhe fehlen. Mit denen bin ich die ganze Zeit gefahren und auch am Sonntag abends noch in die Stadt marschiert. Sie bleiben unauffindbar, und wir rätseln, wo die geblieben sein können. Besonders schade: Darin befanden sich auch ein paar meiner Einlegesohlen. Auch alles Absuchen draußen hilft nichts, es geht weiter.


Unterwegs wird noch einmal Diesel und Gas getankt, sogar halbwegs preiswert für 1,655 und 0,969, und als wir am frühen Nachmittag in Gruissan ankommen, scheint die Sonne vor blauem Himmel. Einige Camper sitzen sogar draußen am Hafenbecken, allerdings in dicken Jacken. Den Stellplatz in Gruissan habe ich im letzten Jahr bereits erwähnt, er ist sehr groß und beliebt, gerade für Spanienreisende in beiden Richtungen. Bis Ende Januar ist er noch kostenlos, dafür ist aber auch jegliches Wasser abgestellt. Auch Haco ist vor wenigen Wochen von hier aus nach Spanien abgereist. In der Nacht beginnt der Regen, nach Aussage der Wetter-App soll der zwei bis drei Tage andauern. Wir besuchen am Mittwoch den Markt und bleiben zwei Tage. Dann ist der Platz so voller Pfützen und matschig, dass wir ihn am Donnerstag gerne wieder verlassen. Auch der wieder aufgekommene Wind macht es hier nicht gerade gemütlicher.
Donnerstag, 11. Januar – Elne
Susanne will gleich weiter nach Spanien, ich möchte vorher gerne noch einen Platz in Frankreich besuchen, am besten einen der „Camping Car Park“ Kette. In Elne, kurz hinter Perpignan finden wir einen solchen, wo wir auch unser Frischwasser wieder auffüllen können.



Der Platz wirkt sehr gemütlich, wenn auch die gut befahrene D914 unmittelbar vorbeiführt. Es regnet immer noch leicht, aber wir fühlen uns hier gleich wohl und beschließen, auch hier kurz vor der Grenze nach Spanien wieder zwei Tage zu verbringen. Für die Plätze der Organisation „Camping Car Park“ benötigt man eine Karte, die „passe-étapes“. Mit dieser Karte bekommt man Einlass an der Schranke und darüber wird auch bezahlt. Dazu wird die Karte aufgeladen, das geschieht am Automaten oder online. Wir hatten uns diese Karte im letzten Jahr nach langem Überlegen und Zuspruch unserer französischen Freunde Lydie und Marc zugelegt und dies auch nicht bereut.



Am Freitag bekommt Charly Besuch von einem schönen Brétonen, die raufen eine ganze Weile wild herum, was unserem kleinen Rabauken nach dem vielen langweiligen Aufenthalten im Wagen während der ersten Woche wohl auch richtig gut tut.
Wir sehen uns dann den Ort Elne an, ein kleiner gemütlicher Ort mit einer recht großen Kathedrale und sogar so etwas wie einer kleinen Fußgängerzone. Für die Touristen ist auch ein Rundgang, ein „cirque touristique“ ausgeschildert. Direkt neben der Kathedrale gibt es einen kleinen Künstlerplatz. Im Sommer wird hier bestimmt so Einiges los sein. Susanne hat hier auf dem Platz mit dem letzten Regen den Wagen abgewaschen, dazu waren wir daheim nicht mehr gekommen, und morgen soll die zweite Woche dann mit der Überfahrt nach Spanien beginnen…