
Winterreise – Teil 14
Titel
Die letzten zwei Wochen unserer Reise „durch den Winter in den Frühling“ haben begonnen, und etwas mehr als die Hälfte unserer Rückreisestrecke liegt bereits wieder hinter uns.
In Puy Saint Martin finden wir einen urgemütlichen Stellplatz, ganz nach unserem Geschmack. Das Wetter schlägt Kapriolen, doch wir bleiben vier Tage. Über schöne Straße und sehenswerte Landachaften geht es dann zu einem Konzert. Doch nach einem Tag haben wir genug von der Musik.

Nr. | Ort | Datum | Entfernung | #Tage | Bericht Nr. |
25 | Chusclan | 07.04.2024 | 110 km | 1 | 1 & 14 |
26 | Puy-Saint-Martin | 08.04.2024 | 87 km | 4 | 14 |
27 | Morestel | 12.04.2024 | 175 km | 1 | 14 |
28 | Saint Amour | 13.04.2024 | 100 km | 14 |
Chusclan überfüllt
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Den Süden Frankreichs haben wir noch nie so grün gesehen, da sind wir uns sicher. Nach dem komfortablen Aufenthalt auf dem Kampingplatz nahe Montpellier steuern wir Chusclan, einen der Plätze von der Hinfahrt an. Hier waren mir damals meine Schuhe abhanden gekommen. Wir wollen dort bei der Winzer-Genossenschaft unsere Weinvorräte auffüllen, der Côte du Rhône ist hier sehr gut und preislich attraktiv.
Der Weg dorthin führt fast ständig an Weinfeldern vorbei. Die Weine von Lunel, des Dept. Gard oder auch später des Côte du Rhône stehen links und rechts der Straßen, sauber weit heruntergeschnitten beginnen sie gerade frisch auszutreiben.


Wir fahren durch Remoulins und schauen uns einen Stellplatz an der Pont du Gard an, doch der gefällt uns nicht so gut. Ein weiterer Stellplatz in Laudun-l‘Ardoise, einem Ort kurz vor Chusclan, ein Platz direkt bei den Winzern, trifft auch unsere Erwartungen nicht ganz. In Chusclan ist es dann allerdings bereits sehr voll. Es ist Sonntag Nachmittag, und wir bekommen nur noch einen Platz in der Mitte, der Rest füllt sich schnell.

Am Rand haben aber einige Spezialisten dermaßen verschwenderisch geparkt, dass auch nachfolgende Camper nur noch heftig die Köpfe schütteln können. Wir bleiben ja nur eine Nacht, und am nächsten Morgen ist der Spuk schnell vorbei. Bereits als wir zum Weinkauf gehen, ist fast der gesamte Platz wieder leer. Aber auch hier stehen die Weinstöcke da und treiben frisch aus, ein schönes Bild.
Am Abend dann noch ein Highlight. Der erste Spargel des Jahres. Auf dem Weg durch das Dept. Gard sind wir heute an mehreren Obst- und Gemüseständen vorbeigekommen, typisch für die Gegend. Nicht immer kann man gleich ‘ranfahren, weil die Parkplätze zu klein sind, einmal aber konnten wir.
Tomaten, Oliven, Salat, Kräuter und Spargel. Grüner, Weißer und Weißer mit grünen Spitzen, zwischen 6 und 8 Euro das Kilo. So gibt es heute Abend ein ganzes Kilo weiß-grünen Spargel mit Salzkartoffeln und einer kleinen Chorizo vom Metzger aus Vilafranca. Das treibt…
Garmin, der Schelm
Dann geht es weiter, doch wohin? Schnell durchs Rhônetal, entlang der viel befahrenen Standardroute wollen wir nicht. So langsam muss daher entschieden werden, ob wir westlich des Rhônetals durch die Berge oder östlich vielleicht sogar Richtung Genfer See und Source du Doux wollen. Susanne hatte bereits vor Tagen hübsche Plätze im Drôme kurz hinter Montélimar ausfindig gemacht. Dazu müssen wir die Rhône überqueren.
Kurz nachdem wir das Rhônetal erreichen, schickt uns Garmin an einem Kreisel rechts ‘raus, und wir sehen vor uns direkt die erste Zahlstation der Autobahn. „Hast du dem denn nicht gesagt, ohne Maut!?!“ höre ich von rechts. Klar hatte ich das, nur das Navi scheint es vergessen zu haben. Ein beherztes Wendemanöver, dann kennt sich Garmin plötzlich wieder aus.


Weiter geht es Richtung Montélimar. Ca. 10 km davor plötzlich Stillstand. Eine große, breite Route National mit breiten Standstreifen, die RN7, und der Verkehr steht. Sofort wenden viele vor uns, die scheinen ortskundig und vertraut mit der Situation zu sein, und so überlege ich nicht lange, warte auf einen freien Moment und drehe. Aufgrund der breiten Standstreifen gelingt das mit einem Rückstoß, die Nachfolgenden sind kooperativ.
Nicht weit zurück ging es an einem kleinen Kreisel in ein kleines Bergdorf, und Susanne meinte noch „ich würd‘ ja hier lang fahren, dann sparen wir uns die Ortsdurchfahrt von Montélimar.“ Mir waren die Straßen zu klein auf der Karte. „OK,“ sage ich, „dann fahren wir eben über Allan.“ Ein schneller LKW hinter uns nimmt die gleiche Route.
Es dauert eine Weile, bis Garmin aufgibt, uns zurückschicken zu wollen. Aber auch nun will er uns nicht durch die Berge, sondern von hinten an die Stadt des weißen Nougats schicken. Ich folge dem Rat, und so lernen wir nun Montélimar von einer ganz neuen Seite kennen, nämlich östlich der Innenstadt. Kleine Straßen, ganz ohne Verkehr und einfach gemütlich südländisch.


Wir steuern einen Stellplatz in Puy-Saint-Martin an, einem alten städtischen Campingplatz, einem ehemaligen Municipal also. Auf dem Weg dorthin will uns Garmin wieder einen Umweg über einen Nachbarort und nicht den direkten Weg schicken. Wir fahren geradeaus. Im Ort stellt sich dann heraus, dass es ein vielleicht 50 Meter langes Stück Straße gibt, das zwar über 3,5 t gesperrt, aber für lokale Lieferungen frei ist. Außerdem führt eine Beschilderung zum Stellplatz dort lang. Garmin, Garmin, mach dich nicht unbeliebt!
Wetterkapriolen
Der Stellplatz ist fantastisch! Ca. 20 Fahrzeuge finden hier Platz, es ist total ruhig, Wasser, Ver- und Entsorgung sind vorhanden. Direkt nebenan ein Restaurant und eine Pizzeria, Bäcker, kleiner Supermarkt. Der mittelalterliche Ort liegt an einem Hang, eine sogenannte Village Perché, ein hochgelegenes Dorf. Die Pizzeria hat Montag, Dienstag und Mittwoch Ruhetag, also mindestens drei Tage müssen wir hier leiben.



Die Stellflächen sind dicht und saftig grün begrast ein ganz anderes Feeling als in Spanien. Das findet auch Charly. Der wälzt sich unaufhörlich im Rasen und legt sich flach mit der Schnauze ‘rein. Auf der Platzbeschreibung steht Verweildauer zwei Tage, will man mehr, solle man sich im Rathaus melden. Das tun wir, doch da schaut man uns ob unseres Begehrs erstaunt an. Ob die ihre eigenen Regeln selbst schon einmal gelesen haben?


Es ist warm heute. 24 Grad, auch in Deutschland ist es heute wohl warm. Wir packen alles aus, auch die Markise soll Schatten spenden. Morgen soll es Regen geben, verbunden mit einem Temperatursturz. In Deutschland wohl auch. Der Regen kommt in der Nacht und hält sich bis Mittag. Danach ist Dösiämm fleckig braun, Sahara läßt grüßen. Am Nachmittag schwingt Susanne den Puschel, ich wische die Sonnenpanele frei.


Für morgen ist Wind angesagt. Bereits ab drei Uhr in der Nacht soll es losgehen. Wie heißt doch gleich die Luftbewegung südlich von Lyon, die mit Böen von bis zu 85 km/h von Nord nach Süd durch Rhônetal fegt? Richtig Mistral. Die Sat-Schüssel bleibt jedenfalls erst einmal eingefahren. Mittags gibt es ein Spontanessen, Beschreibung folgt in Essen unterwegs.
Der Wind am Mittwoch ist heftig, die Böen kräftig. Ein Blick auf die Wetter-App zeigt uns, dass dieser kräftige Wind aus Nord über das ganze Land zieht, dazu bringt er richtige Kälte mit. Ist ja vielleicht doch kein Mistral, sondern einfach eine Großwetterlage. Erst zur Tagesschau am Abend trauen wir uns, die Schüssel wieder auszufahren. Der Wind geht dann mit uns schlafen, aber kräftige Böen gibt es während der gesamten Nacht immer wieder.
Bis Lyon
Bevor es weitergeht, muss Charly noch mit einem anderen kleinen Freund ein wenig raufen. Das Wetter hat sich beruhigt und wir steuern nun weiter in Richtung Norden. Direkt neben der Stadt geht die D6, eine gut ausgebaute Nationalstraße los. Sie führt hier gleich ein wenig hoch auf gut 200 Meter, dann genießen wir ein herrliches Panorama.


Doch halt Kommt uns das icht irgendwie bekannt vor!?! Richtig, gleich sehen wir gelbe Schilder mit der Aufschrift Bis. Bis Marseille steht da und Bis Lyon. Genau diese Straße sind wir vor zwei Jahren in umgekehrter Richtung gefahren und waren damals schon vollkommen begeistert. Diese Route führt in 180 bis 230 Metern Höhe parallel zum Rhônetal, ist hervorragend ausgebaut, fast keine Kreisverkehre und nur sehr wenig Verkehr. Unsere absolute Empfehlung für alle, die gen Norden oder Süden fahren und die Autobahn meiden wollen.


Hin und wieder gibt es feine Rastplätze und auch wir machen zum Frühstück eine Rast. Wir fahren die Bis noch bis Romans-sus-Isère und biegen dann rechts ab in Richtung Grenoble. In Vorrepe geht es dann links und über Voiron und Montferrat nach Morestel. Hier stellen wir uns auf den Stellplatz ViaRhona. Auf dem Platz stehen in der Nacht von Freitag auf Samstag 10 Fahrzeuge, doch wir schauen uns zunächst das gemütliche Städtchen an.


Erstaunlich viele Geschäfte gibt es, einen alten Stadtkern und einen beeindruckenden Kirchturm. Am Stellplatz gibt es ein Gewässer. Es scheint ein wenig über die Ufer getreten, denn einige der Bänke und Tische stehen im Wasser. Nutrias schwimmen und laufen herum, mehrere große Tiere und ein paar kleine, Susanne zählt spontan mindestens 10 Tiere. 2 kleine Tiere kommen mampfenderweise bis auf unter 2 Meter an unser Womo. Soll uns das beunruhigen? Erst einmal nicht. Frösche quaken, viele Frösche. Soll uns das beunruhigen? Erst einmal nicht.


Die Nacht ist ruhig. Ein paar Jugendliche am frühen Abend hatten sich schnell wieder verzogen, dann alles ruhig. Trotzdem schlafen wir nicht besonders gut. Die Frösche bieten uns zu unserer 99ten Nacht auf dieser Reise ein lebendiges Konzert. Jeder Frosch hat seine eigene Stimme oder Instrument. Einige quaken in verschiedenen Tonhöhen, andere gackern wie Hühner in schnellem Stakkato, auch in unterschiedlichen Tonhöhen.



Kurz vor sechs Uhr beginnt die Dämmerung und alle Konzertmitglieder haben jetzt Dienstschluss, endlich. Wir gehen noch einmal in die Stadt zu zwei Bäckern, auch einen leckeren Kuchen gibt es heute, eine Spezialität des Hauses mit Früchten. Dann aber wollen wir weiter, nicht noch eine Nacht im Konzertsaal, auch wenn wir eigentlich gerne zwei Nächte geblieben wären und uns am Sonntag den Markt angesehen hätten. So geht es am Samstag weiter bis hinter Bourges-en-Bresse, auch wieder über Bis-Strecken, diesmal die Bis Paris-Mulhouse. Wir landen in Saint Amour, ebenfalls einem kleinen alten Örtchen.
Eine Woche noch, dann wollen wir wieder in Salzkotten sein. Wir müssen uns entscheiden zwischen Taunus und Mosel. Ursprünglich wollten wir Jörg und Robert an der Mosel treffen, doch das funktioniert jetzt leider nicht. So werden wir wohl die Mosel in unserer Streichliste eintragen. Bleibt noch die Frage Elsass oder Oberrhein auf deutscher Seite?
Doch jetzt schauen wir uns erst einmal das kleine Städtchen Saint-Amour an. Mehr davon dann vielleicht in Teil 15.